„Oh wao du hast es dann auch mal geschafft!“, sage ich auf unsere typisch ironische Art, aber auch mit einem Fünkchen Wahrheit mit drin, als meine Freundin Elif nach 15 Minuten Verspätung endlich zu unserer Verabredung erscheint. Wir treffen uns in einem neuen hippen Laden. Der Laden scheint etwas überteuert, die Gäste alle eine Nummer überheblich und die Kellner schauen sich auch alle lieber im Spiegel an, als sich herabzulassen, uns mit einem Lächeln zu bedienen. Elif bemerkt, dass meine Laune nicht unbedingt die beste ist „Gibt es das Paket heute auch noch mit ein wenig Spaß oder wird das so den ganzen Abend gehen?“ – Ich bemerkte gar nicht, wie sehr ich meine Stimmung wohl nach außen trage. „Ich habe doch auf Tinder mit diesem tollen Rechtsanwalt geschrieben! Er antwortet mir seit paar Tagen nicht mehr.“ Ich ernte nur ein dickes fettes Augenrollen: „Jetzt mal im Ernst!“, sagt Elif, packt mich an meinem Oberarm und fährt fast schon erbost fort: „Hör doch auf mit dieser Internetscheiße. Du musst ins reale Leben. Fang an zu flirten, sprech jemanden an, mach wild im Club rum. Aber warte nicht schon wieder drei Wochen, bis dir der nächste ‚angebliche‘ Pilot oder was auch immer endlich zurückschreibt!“.
Elif hat gut reden – sie ist seit acht Jahren mit ihrem Freund zusammen, sie suchen sich jetzt eine Eigentumswohnung und haben sich erst diesen mega süßen Hund zusammen geholt. Sie hat keine Ahnung, wie schwer es heutzutage ist, jemanden einfach so kennenzulernen. Im realen Leben. Wie absurd. Soll ich einfach jemanden ansprechen?! Und was ist, wenn ich ihm gar nicht gefalle? Oder er mir nach zwei Sätzen nicht mehr gefällt – das ist online alles so viel leichter.„Wir gehen heute noch feiern!“, sagt Elif und ruft einen der Kellner ran: „Wir hätten gerne schonmal vorweg einen Aperitif und danach können Sie uns gerne direkt einen schönen, trockenen Rosé bringen.“ Sie hat wahrscheinlich recht – ich sollte zumindest mal das Handy zur Seite legen und der echten Welt eine Chance geben. Ich freue mich auf einen tollen Sommerabend mit gutem Wein, tollem Essen und immer noch relativ bescheidenem Service. Mit Elif ist es eigentlich immer gut. Sie ist die witzigste Person, die ich kenne, sie hat so viele tolle und verrückte Geschichten zu erzählen, dass ich mal wieder fast schon Muskelkater im Bauch bekomme, vor lauter Lachen. Wir hatten unsere Hauptspeise gerade fast aufgegessen, als unser überheblicher Kellner uns mitteilt, dass seine Schicht bald enden würde und dass er schonmal abkassieren wolle, wegen des Trinkgelds versteht sich. Oh man, das ist ja echt der Knüller – Ich frage: „ … und was ist, wenn wir noch etwas weiter trinken möchten oder noch ein Dessert haben möchten!“ „Marco wird sich ab jetzt weiter um euch kümmern“, sagt er und zeigt auf einen der anderen Kellner, der wohl gerade erst seine Schicht angefangen hat. Und was soll ich sagen, das sollte mir ganz recht sein. Der erste Kellner in diesem Laden, der so aussah, als müsse er nicht ständig über sein großes Ego fallen, obwohl es sein Äußeres ihm eigentlich erlauben würde. Er ist ca. 1,85 groß, braunes, volles Haar und strahlend blaue Augen. Genau mein Typ. Unsere Blicke treffen sich kurz und ich spüre direkt dieses Knistern. „Laura, das ist deine Chance – das ist doch kein Zufall!“, flüstert Elif etwas zu laut in mein Ohr, während sie mir ihren Ellenbogen ermutigend in die Seite pikst.
Er kommt an unseren Tisch und stellt sich vor. Er fragt, ob bei uns so weit alles ok wäre oder ob er uns noch etwas bringen kann. „Sehr gerne noch eine Flasche von dem guten Rosé. Der Abend scheint doch noch etwas länger zu gehen als gedacht!“ sagte ich mit einem vermeintlich sexy Unterton. Ich bin ganz erschrocken über mich selbst. „Oh Mann Elif, das ist so bescheuert – ich habe mich gerade wie so eine alte needy Frau angehört!“. „Neeeeein, das war mega!“, sie lacht und leert noch den letzten Tropfen aus ihrem eigentlich schon leerem Weinglas. Ohje ich glaube, die beste Flirt-Beraterin ist sie heute aber auch nicht mehr. Aber auch bei mir hat der Wein schon seine Wirkung entfaltet. Ich denke mir – scheiß drauf – dann spiele ich eben heute einfach mal die Femme Fatale. Er bringt die neue gekühlte Flasche an den Tisch und ich versuche ihn mehr oder weniger subtil in ein Gespräch zu verwickeln. Der Alkohol lockert meine Zunge und wir kommen tatsächlich ganz gut in den Flow. „Es ist heute mein erster Tag hier und ich kam leider direkt zu spät – kein guter Start!“, erzählt er uns, es fühlt sich so an, als bestünde die Anziehung auf beiden Seiten. „Und wie ihr seht (er zeigt offensichtlich auf seinen Chef) sollte ich mich nicht zu lange an einem Tisch festquatschen. Auch wenn du es mir nicht besonders leicht machst!“ sagt er und verschwindet mit einem grinsen auf den Lippen in die Küche. „Elif hast du das gehört!!! Er hat gesagt, auch wenn DU es mir nicht besonders leicht machst!!! Damit hat er mich gemeint, oder? Ich mein, er hätte ja auch sagen können IHR, aber er hat DU gesagt!“ ich schaue aufgeregt zu meiner Freundin rüber. Elif lacht nur noch: „Wenn du ihn nicht ansprichst, dann mache ich das für dich!“ Und wenn ich eines über Elif weiß, dann dass sie das ernst meint. Nachdem das noch viel peinlicher wäre, nehme ich all meinen Mut zusammen, nehme einen großen Schluck aus meinem nun wieder vollgefülltem Weinglas und spaziere zu ihm rüber. Ich erwische ihn kurz vorm Servicegang und frage ihn, wie lang seine Schicht heute noch geht.
Ich spüre meinen Herzschlag bis in meinen Kopf hinein pochen – ich habe so etwas noch nie gemacht. Ohne, dass ich ihm Zeit zum Antworten gebe, führe ich weiter aus: „Meine Freundin und ich wollten dann noch weiter ziehen und ich habe mich gefragt, ob du Lust hättest, uns bzw. mich zu begleiten?“ Oh Mann, das habe ich nicht wirklich gesagt – meine Knie zittern. Oh nein – seine Blicke lassen nichts Gutes erahnen: „Das geht leider nicht …“, noch bevor er weiter sprechen kann, unterbreche ich ihn und entschuldige mich für diese plumpe Anmache. Es ist furchtbar unangenehm. Rückwärtslaufend winke ich ab, während ich noch fast zwei Stuhlreihen mit abgeräumt hätte. Oh Mann, genau davor hatte ich Angst. Das ist dieses bescheuerte „reale Leben“ von dem immer alle sprechen. Zurück am Tisch diente die Geschichte wenigstens noch zu unserer Erheiterung, denn um ernsthaft große Scham zu empfinden, vertrage ich dann doch zu wenig von diesem wirklich hervorragendem Rosé. Die zweite Flasche war dann auch nochmal deutlich schneller leer als die erste – was bestimmt auch daran lag, dass ich so schnell wie möglich aus dieser Situation wollte. Marco, was ist das überhaupt für ein beschissener Name und überhaupt dieses volle Haar, das war bestimmt gar nicht echt für einen Mann in seinem Alter. „Pfff also mir kann man da nichts vormachen!“, sage ich zu Elif und bitte sie, die Rechnung zu begleichen, ich würde schonmal draußen warten. Ich war selbst überrascht, aber zum Glück konnte mir diese für meine Verhältnisse echt peinlich Zurückweisung den Abend nicht verderben, vielmehr wusste ich, dass wir wieder eine lustige neue Geschichte zu erzählen haben.
Wir gingen in eine Bar zwei Häuser weiter, in der man ab Mitternacht immer zu richtig gutem R&B tanzen kann. Mit einem Drink in der Hand gebe ich mich voll und ganz der Musik hin. Ich nehme die Menschen um mich herum im Einzelnen nicht mehr wahr und der ganze Club scheint sich miteinander rhythmisch zu bewegen. Die Luft ist aufgeheizt und ich lasse mich in verschiedenste Arme fallen, Körper schmiegen sich aneinander und lassen wieder voneinander. Ich fühle mich wie elektrisiert. Ich genieße es, wie mein Körper ein Spielball der Bässe ist und die Musik durch mich hindurch strömt. Ich schaue nach oben in das farbige Licht und versinke ganz in der tanzenden Menge. Starke Hände ziehen meine Hüften an sich und wir schmiegen uns aneinander. Mein Rücken an seiner Brust, legt er meinen Arm um seinen Nacken. Er streift mit seiner Hand langsam von meinen nach oben gestreckten Fingerspitzen, über meinen Arm, vorbei an meiner Brust, zart über meinen seitlichen Bauch bis hin zu meiner Lendengegenden. Ein heißer Blitz durchfährt meinen ganzen Körper. Meine Augen geschlossen und ganz in diesem Moment, unsere Körper verschmelzen im Rhythmus des Beats. Noch immer mein Rücken an seiner Brust beginnt er langsam meinen Hals zu küssen. Diese fremden Küsse auf meiner Haut fühlen sich wie kleine, wohlwollende Explosionen an. Ich versuche mich umzudrehen, doch er umfasst meine Schultern so stark, dass ich keine Chance habe. Ich habe komplett mein Gefühl für Raum und Zeit verloren – tanzen wir hier erst seit Minuten oder gar seit Stunden. Er drückt mich von hinten ganz feste an sich ran, sodass ich mich beim Tanzen komplett an ihn anlehnen kann. Er fragt mich, ob er mich berühren darf. Seine Stimme so warm, fremd und doch so vertraut. Ich nehme seine Hand und führe sie sanft über meinen Bauch in Richtung meiner Brust und gebe ihm auch ohne Worte zu verstehen, dass ich damit einverstanden bin. Er fasst mich so an, wie mich schon lange keiner mehr angefasst hat. Seine Bewegungen sind sanft, aber bestimmend. Meine kleinen Versuche, mich immer wieder umzudrehen, um ihn endlich zu sehen, unterbindet er immer wieder. Ich lege meinen Kopf nach hinten auf seine Brust und er umspielt meine Schlüsselbeine mit seinen Fingern. Nach einer halben Ewigkeit und unzähligen Gefühlsorgasmen stöhnt mir der Fremde leise ins Ohr: „Du hättest mich aussprechen lassen sollen. Ich wollte sagen: Das geht leider nicht, da wir im Restaurant eine klare Vorgabe haben – Gäste sind Tabu!“ Es war also Marco. Ein warmes, wohliges Gefühl durchströmt meinen Körper. Ich kann gar nichts sagen und wir verweilen weiter in der Musik. Seine Hand wandert an meinen Hals, welchen er sanft umschließt und mich endlich umdreht. Er streift mit einer Hand mein Haar hinter das Ohr und ich spüre seine warmen, vollen Lippen auf meinen. Ein intensiver Kuss, der meinen ganzen Körper ins Wanken bringt. Er zieht mich fest an sich ran und ich spüre, dass nicht nur ich vollkommen erregt bin. Wir tanzen weiter, unsere Körper ineinander verschlungen. Meine Hände krallen sich in seinen starken Rücken. Er drück seinen Oberschenkel zwischen meine Beine und ich spüre den Druck auf meiner Yoni. Jede Berührung dort und die fließenden Bewegungen bringen meinen Unterlaib zum Beben. „Wollen wir kurz auf die Toilette verschwinden?“, frage ich ihn schon völlig erschöpft. Noch nie zuvor hatte ich multiple Orgasmen nur vom Tanzen mit einem quasi Fremden. „Nichts lieber als das, aber das geht nicht – und bitte lass mich dieses Mal ausreden! Ich möchte, dass wir diese Nacht genauso wie sie gerade ist in Erinnerung haben. Deine Haut schwitzend, getaucht in die bunten Farben und wir, gierig aufeinander!“. Das macht mich nur noch mehr an und ich reibe mich stärker an seinen Oberschenkel. Kommend und erschöpft falle ich wieder auf seine Brust, während er seine Hüften unaufhörlich kreisend um meine bewegt. „Dein Gesicht ist so wunderschön, wenn du kommst – glaube mir, meine Hose ist von innen auch schon ganz nass! Ich würde ihn gerade so gerne in dir spüren, aber das würde alles kaputt machen!“ Ich schaue ihm tief in die Augen, erschöpft, aber voller Wärme, die meinen ganzen Körper durchströmt.
Offensichtlich habe ich das „reale Leben“ echt ein wenig unterschätzt und ich bin dankbar, dass ich auf Elif gehört habe.
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